put cover

 

 




PUT


Umlaut
 

CD nurnichtnur 100 04 25

recorded 08 + 09 January 2000 at Tonstudio Hrólfur Vagnsson, D-Hannover. Cover: Polaroid by Birgit Ulher, Desin: Reinhart Hammerschidt

1 ø 02:18
2 ë 04:48
3 00:45
4 ï 05:22
5 ü 03:43
6 õ 01:43
7 09:10
8 04:28
9 ö 01:31
10 î 01:03
11 ä 02:34
12 04:00
13 å 05:23
14 õ 05:48
15 ụ´ 03:20
16 í 03:12
  Total time

60:56




Birgit Ulher - trumpet
Ulrich Phillipp - Doublebass
Roger Turner - Drumset & Percussion


bandfoto put



Eine Sprache für sich
Beim Hören dieser Stunde partiturlos erzeugter Klangkunst wurde mir einmal mehr klar, wie viel die beste improvisierte Musik der Gegenwart vom Jazz – auch vom sich als „frei“ deklarierenden – unterscheidet: Die unregelmäßigen Bewegungsabläufe außerhalb jeder Periodizität. Der immense Detail- und Variantenreichtum des Klingenden. Die „innere Polyphonie“ der einzelnen Instrumente, mittels derer die Trompete binnen Millisekunden vom Melodieinstrument zum Erzeuger subtil schattierten Geräusche, das Schlagzeug von der Quelle bruitistischer  Interjektionen zum Generator zarter Klangbänder, der Kontrabass vom basso profondo zum veritablen Diskantinstrument mutiert. Die Vielfalt der Ensemble-Texturen, die das ganze Spektrum zwischen radikalem Pointilismus und changierenden Klangflächen, zwischen größtmöglicher Heterogenität und maximaler Homogenität auslotet. Die weitgespannte Dynamik, die an die unterste wie die oberste Hörgrenze geht und doch nie lange auf einer Stufe verharrt. Die Pause als dramaturgisches – und oftmals dramatisches Mittel. Die Kürze der Stücke. Der Verzicht auf jegliche solistische Profilierung.
Die meisten dieser Charakterisierungen träfen wohl auch auf viele Artefakte der Neuen (komponierten) Musik zu. Und doch sind auch hier die Divergenzen offenkundig, Divergenzen, die die Einzigartigkeit der neuen improvisierten Musik untermauern. Denn wie selten findet man in der Neuen Musik mit großem N die völlige Sicherheit der spielerischen Geste auch in den exzentrischsten Spieltechniken, die totale Identifikation des Spielers mit dem Klang, das Gestalten einer derart komplexen Musik durch das Sprechen der eigenen Sprache, das Formen des eigenen Tons, den Dialog freier, gleicher Geister? Die schöne Selbstverständlichkeit des freien Spiels, wie es in diesem Trio praktiziert wird, ist paradoxerweise Stärke und Schwäche zugleich. Die Stärke liegt auf der Hand: im klingenden Ergebnis des Prozesses. Die Schwäche ist die vermeintliche Leichtigkeit, die allzu leicht vergessen lässt, dass improvisierte Musik dieser Klarheit, Dichte und Konzentration nicht eben „von selbst“ entsteht, so unprätentiös die Aufführungspraxis eines solchen Ensembles auch wirken mag. Die Musik dieser drei Improvisator(inn)en mag mühelos scheinen. Doch Birgit Ulher, Ulrich Phillipp und Roger Turner hatten ihre Arbeit schon getan, ehe sie sich zu dieser Aufnahme zusammenfanden, zwanzig Jahre lang und mehr. Man hört´s.

Peter Niklas Wilson

 

zurück zur übersicht